Die Frage der elterlichen Obhut führt schnell zu Auseinandersetzungen zwischen ge-trennten bzw. geschiedenen Eltern. Mit Mediation und dem Modell der alternierenden Obhut können harmonischere Familienverhältnisse gelingen.
Kaum etwas spaltet Eltern bei Trennung und Scheidung so intensiv wie der Umgang mit den gemeinsamen Kindern. Hier werden Fragen elterlicher Sorge und Obhut, Kontaktrecht und nicht zuletzt finanzielle Aspekte relevant. Über allem steht das Kindeswohl und eine Regelung, die dieses über einen längeren Zeitraum hinweg sicherstellen kann. Warum Eltern und Kinder jetzt mit der alternierenden Obhut oft beste Erfahrungen machen, erläutert dieser Beitrag. Dabei geht es auch darum, wie Sie mit Mediation den Weg zu der sich regelmässig abwechselnden Betreuung der Kinder finden können.
Was ist alternierende Obhut?
Die Obhut für Kinder wird häufig mit der elterlichen Sorge an sich verwechselt. Elterliche Sorge umfasst unterschiedliche Aspekte. Die elterliche Obhut mit der täglichen Betreuung und Pflege ist dabei neben Erziehung, Ausbildung, gesetzlicher Vertretung, Vermögensverwaltung und Aufenthaltsbestimmungsrecht ein wichtiger Teilaspekt der elterlichen Sorge. Auf den Punkt gebracht ist die Obhut die Betreuungsverantwortung für Kinder im täglichen Leben.
Unterschieden werden alleinige und alternierende Obhut. Bei der alleinigen Obhut leben die Kinder überwiegend bei einem Elternteil, bei alternierender Obhut abwechselnd bei beiden Eltern. Kinder haben auch bei alternierender Obhut nur einen zivilrechtlichen Wohnsitz, auf den sich die Eltern einigen. An diesem Wohnsitz gehen die Kinder zur Schule. Im Regelfall behalten Eltern im Rahmen der elterlichen Sorge nach Trennung bzw. Scheidung jeder für sich eine Betreuungsverantwortung für die Kinder. Das gilt auch für den Elternteil, bei dem ein Kind nicht überwiegend lebt.
Neben dem Recht und der Pflicht zur Betreuungsverantwortung manifestiert sich im Rahmen des Kindeswohls das legitime Bedürfnis der Kinder, zu beiden Elternteilen eine befriedigende Beziehung zu unterhalten. Gerade zur Gewährleistung dieser Beziehung in einer Trennungs- oder Scheidungssituation entscheiden sich immer mehr Eltern für die alternierende Obhut. Das Modell der geteilten Obhut spiegelt das gemeinsame elterliche Sorgerecht, das heute in der Schweiz die Norm ist.
Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass die alternierende Obhut eigene Herausforderungen hat. Es kann zudem ein längerer Weg sein, bis die vielfach noch in Trennungskonflikten verhafteten Eltern zu diesem Obhutsmodell finden. Für Kinder bietet es jedoch die unersetzliche Möglichkeit, zu beiden Elternteilen eine intensive Beziehung beizubehalten und von den Ressourcen beider Elternteile zu profitieren.
Teilaspekte der alternierenden Obhut
Praktisch bedeutet alternierende Obhut, dass Anteile von Betreuungszeit und Übernachtungen zwischen beiden Eltern aufgeteilt werden. Im besten Fall verbringen die Elternteile jeweils gleich viel Zeit mit den Kindern. Natürlich ist es notwendig, die jeweilige persönliche sowie berufliche Situation jedes Elternteils zu betrachten und diese an die Bedürfnisse der Kinder anzupassen. Deshalb gibt es das eine Modell alternierenden Obhut nicht. Es ist vieles möglich, um die Betreuungszeiten aufzuteilen und den Alltag zu organisieren. Vielleicht verbringen die Kinder wochenweise ihre Zeit bei den verschiedenen Elternteilen. Auch andere Regelungen sind möglich. Wichtig ist, dass ein Betreuungsteil mindestens 30 % der gesamten Zeit erfassen muss.
Es braucht folgende Voraussetzungen, um alternierende Obhut verwirklichen zu können:
- Jeder Elternteil muss persönlich in der Lage sein, die Kinder angemessen zu betreuen.
- Zwischen dem betreuenden Elternteil und dem Kind muss eine angemessene Eltern-Kind-Beziehung bestehen.
- Beide Eltern habe in idealer Weise Wohnsitze, die nicht zu weit von einander entfernt sind.
- Beide sind in der Lage, ein angemessenes, kindgerechtes Umfeld zu bieten.
- Die Eltern können in den alltäglichen Belangen miteinander kommunizieren.
- Sie sollten in der Lage sein, auf spezielle Wünsche der Kinder einzugehen, sobald diese ein gewisses Alter erreicht haben.
Arten der alternierenden Obhut
Es gibt zwei Arten von alternierender Obhut, nämlich das Wechselmodell und das Nestmodell.
Beim Wechselmodell wechselt das Kind regelmässig zwischen den Haushalten beider Eltern. Beide Elternteile teilen sich die Betreuung und Verantwortung zu etwa gleichen Teilen. Dieses Modell hat den Vorteil, dass das Kind kontinuierlichen Kontakt zu beiden Elternteilen hat und sich beide Elternteile die Erziehung und Verantwortung im Alltag teilen. Allerdings muss sich das Kind regelmäßig auf zwei verschiedene Haushalte und Tagesabläufe einstellen, was eine gute Kommunikation und Kooperation zwischen den Eltern erfordert.
Beim Nestmodell bleibt das Kind in der Familienwohnung, dem “Nest”, während die Eltern abwechselnd dorthin ziehen, um das Kind zu betreuen. Zusätzlich haben die Eltern jeweils eine eigene Wohnung, in die sie sich zurückziehen, wenn sie nicht im “Nest” sind. Der Vorteil dieses Modells ist, dass das Kind nicht zwischen verschiedenen Haushalten pendeln muss und in seiner gewohnten Umgebung bleiben kann. Dadurch wird der Alltag des Kindes weniger gestört und es kann in seinem sozialen Umfeld wie Schule und Freunde bleiben. Dieses Modell ist jedoch mit höheren Kosten verbunden, da drei Unterbringungsorte erforderlich sind (das Nest und jeweils eine Wohnung für die Eltern). Ausserdem müssen die Eltern gut zusammenarbeiten und klare Absprachen treffen, um Konflikte zu vermeiden.
Die besonderen Herausforderungen der alternierenden Obhut
Bei ihrer Einrichtung fordert alternierende Obhut allen Beteiligten etwas ab. Es muss vieles organisiert werden, die getrennten/geschiedenen Eltern müssen miteinander sprechen. Kinder müssen sich an die wechselnden Betreuungen gewöhnen – wobei jede Trennung für Kinder per se eine neue Situation ist, an welche sich die Kinder gewöhnen müssen. Am grössten ist allerdings die Hürde, überhaupt erst einmal zu diesem Modell zu kommen.
Vielfach ist es keine gute Idee, zuerst die Unterhaltsbeiträge regeln zu wollen. Natürliche Existenzängste vernebeln dann oft den Fokus auf das Kind und Chancen, wie beispielsweise den Aufbau der eigenen Altersvorsorge bei einem höheren Erwerbspensum, werden übersehen. Vernünftige Gespräche sind dann nicht immer möglich. Viele Eltern können mit einer Mediation einen angemessenen Umgang miteinander und damit den Weg zu einem Modell finden, bei welchem dem Kind beide Elternteile wirklich erhalten bleiben.
Mediation und alternierende Obhut
Mit Blick auf das Kindeswohl bietet alternierende Obhut die besten Aussichten, die Betreuung der Kinder angemessen auf beide Elternteile zu verteilen. Kontaktrechte und Beziehungen werden gewährleistet. Eine Mediation kann den Weg ebnen, um zerstrittene Elternteile zur alternierenden Obhut zu führen. Was kann Mediation dabei leisten?
Die Auseinandersetzungen rund um Trennung/Scheidung hinterlassen bei Eltern und Kindern emotionale Spuren.
Manchen Eltern wird erst im Rahmen einer Mediation bewusst, wie belastend ihre mangelnde Kommunikationsfähigkeit und ihre Auseinandersetzungen für die Kinder sind. Vielfach ist der Kampf um Kontakt- oder Sorgerecht der Angst geschuldet, den eigenen Kontakt zum Kind zu verlieren oder vom anderen Elternteil übervorteilt zu werden. Hier gilt es, das Vertrauen zwischen den Elternteilen auf der menschlichen Elternebene (wieder) herzustellen. Nach langer Zeit hört man einander wieder zu.
Vielen Eltern gelingt es, mit einer Mediation zu einer angemessenen Umgangsweise miteinander zu finden.
Fazit: Bemühungen um Wechselbetreuung lohnen sich
Eltern berichten immer wieder darüber, dass sich alternierende Obhut am Ende sehr positiv auf die Beziehung zu den Kindern auswirkt. Der zunächst etwas steinige Weg sollte dabei keine Hürde sein. Mediation kann die Kommunikationsfähigkeit der Eltern in diesem Bereich stärken und die Entscheidung für die Wechselbetreuung leichter machen. Da im Rahmen der elterlichen Sorge heute das Gemeinschaftsmodell die Regel ist, sind Sie als Eltern immer gut beraten, Kontaktrecht und Beziehung zu ihren Kindern abwechselnd zu verwirklichen. Es lohnt sich, die Geduld und Zeit aufzubringen, um im Rahmen von Mediationsgesprächen zu einer Einigung zu kommen. Mediation ist dabei besonders gut geeignet, die menschlichen Aspekte und Emotionen zu berücksichtigen, die Sie nach einer Trennung/Scheidung bewegen. Bei einer nur richterlichen Entscheidung wird diesen Aspekten kaum in ausreichendem Masse Rechnung getragen, denn um dem Kind ein Familienmodell mit beiden Elternteilen ermöglichen zu können, müssen es alle Beteiligten auch innerlich mittragen.